Interview mit unserer neuen Gemeinderätin

Seit gestern ist Eva Hemauer (SPD) Mitglied im Gemeinderat. Sie löst Jo Neunert ab, der seit 1992 Gemeinderatsmitglied war und mit Ende des vergangenen Jahres sein Mandat abgab.  Im Interview verrät uns die 23-jährige Ägyptologin ihre politischen Ziele und spricht über die Gemeinde sowie ihre Person.

Eva Hemauer bei ihrer Vereidigung im Gemeinderat Foto: VaterstettenFM

VaterstettenFM: Hallo Eva, stelle dich doch einmal kurz vor.

Ich bin eine gebürtige Neufarnerin und hatte eine sehr glückliche und unbeschwerte Kindheit hier in der Gemeinde. Als Kind habe ich das „Land“leben sehr genossen und bin deshalb auch heute noch ein bekennender Dorfmensch. Schon relativ früh habe ich meine Liebe zu allem, was alt ist, entdeckt und beschlossen, Ägyptologin zu werden. Mit meinem Studium bin ich nach wie vor sehr glücklich und bereite ich mich auf meine Promotion vor.

Was machst du in der Freizeit?

Mein Studienfach umfasst auch das, was mich generell interessiert: Ich lerne gerne Sprachen. Während meiner Schul- und Studienzeit habe ich mit sehr viel Freude 19 verschiedene Sprachen gelernt. Ein anderes, damit verbundenes Hobby ist das Reisen. Hauptsächlich fliege ich natürlich nach Ägypten, um dort zu arbeiten. Ein weiteres Land, das ich für mich entdeckt habe, ist Japan.

19 Sprachen, das sind ja viele. Welche sprichst du denn?

Hauptsächlich alte Sprachen, von denen wahrscheinlich die Wenigsten schon einmal gehört haben, wie Akkadisch, Sumerisch, Altnordisch und Altägyptisch natürlich. Allerdings habe ich auch einige moderne Sprachen wie Japanisch und Arabisch gelernt, wobei ich letzteres sofort vergesse, sobald ich aufhöre, mich intensiv damit zu beschäftigen.

Was verbindest du mit Vaterstetten?

Heimat. Es ist da, wo ich herkomme, wo ich die Leute kenne und glücklich bin. Hier möchte ich mich für die Menschen engagieren und mein Umfeld mitprägen. Dass zum Beispiel die Energiewende vorangebracht wird oder dass man hier eine möglichst gute Ausbildung und viele außerschulische Angebote erhält, ist mir sehr wichtig.

Wenn du spontan daran denkst, was gut und was schlecht in der Gemeinde ist, woran denkst du?

Eher schlecht ist, dass die Gemeinde recht gespalten ist. Ich habe schon mit Leuten aus Vaterstetten und Baldham geredet, die noch nie in einem der Dörfer waren. Das ist natürlich ein Nachteil, daran müsste man arbeiten. Da wir jetzt einige Gemeinderäte aus den Dörfern haben, wird sich das hoffentlich ein bisschen ändern.

Was ich sehr gut an Vaterstetten finde, ist der heimatliche, dörfliche Charme. Man hat den Eindruck, jeden zu kennen und ist miteinander verbunden.

Was fehlt dir in der Gemeinde?

Definitiv einige Windräder, die hätte ich schon gerne. Auch ein stärkeres Bewusstsein für diesen wichtigen Bereich „Energiewende“ wünsche ich mir. Ich habe das Gefühl, dass viele Leute das ausblenden, weil das Thema sie nicht unmittelbar und persönlich betrifft.

Warum hast du dich für den Gemeinderat aufstellen lassen?

Meine politische „Karriere“ ist auf das Windrad-Projekt zurückzuführen. 2011, als ich gerade mit meinem Abitur fertig war, habe ich mich sehr über die Projektplanungen gefreut. Bei der Teilbürgerversammlung ist mir erstmals klar geworden, dass diese Begeisterung einige Bürger ganz und gar nicht teilen. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass durch das gezielte Streuen von falschen Informationen viele Leute gegen ein für alle sinnvolles und gewinnbringendes Unternehmen aufgebracht, teilweise sogar richtig aufgehetzt wurden.

Wie schnell und einfach das geht, wie leicht sich die Leute irgendwas einreden lassen, in etwa mit Aussagen wie „Infraschall wirkt wie Kokain“, hat mich schockiert. Bei der Teilversammlung wurde auf eine Art und Weise argumentiert und diskutiert, die mich als wissenschaftlich Arbeitende extrem beleidigt. Es ging nicht nur extrem unsachlich zu, sondern war auch einfach schlichte Panikmache. Ein ähnliches Diskussionsklima herrscht heute bei der Flüchtlingskrise. Das hat mir bewusst gemacht, wofür ich mich engagieren will und dass ich mich engagieren muss.

Ich war damals eine von wenigen Leuten, die danach aufgestanden sind und klargestellt haben, dass sie das Projekt trotzdem befürworten.  Ich finde die Einstellung „Energiewende ja, aber nicht vor meiner Haustür“ falsch, das ist keine Einstellung.  Danach kamen neben vielem positiven Feedback vor allem von Seiten des AKs Energiewende und einigen Gemeinderäten natürlich auch Anfeindungen und Einschüchterungsversuche – allerdings bin ich ein Mensch, der sich von so etwas nicht beeinflussen lässt. Den Engagierten in der Gemeinde, die sich für die Energiewende einsetzen, ist das offenbar im Gedächtnis geblieben, darunter insbesondere Sepp Mittermeier (SPD, A.d.R.), der bei der Suche nach einem jüngeren Gemeinderatskandidaten wohl deshalb an mich gedacht und gefragt hat, ob ich mich aufstellen lasse. Ich habe diese Chance natürlich gerne ergriffen, mehr beizutragen.

Welche politischen Themen interessieren dich noch?

Weil ich gemerkt habe, wie leicht die Menschen beinflussbar sind, ist es mir wichtig, dass schon unseren Kindern in die Wiege gelegt wird, ein Bewusstsein für ihre Umwelt und direkte Umgebung zu entwickeln. Das Interesse für das Umfeld sollte nicht nur eine Kopfsache, sondern eine Herzensangelegenheit, werden. Deswegen interessiert mich auch das Thema Bildung sehr – und natürlich auch, weil ich mein ganzes Berufsleben im wissenschaftlichen, universitären Bereich arbeiten möchte.

Bei welchen Themen siehst du aktuell Handlungsbedarf?

Neben Windrad und Geothermie möchte ich schauen, wie man die aktuelle Schullandschaft mit den derzeitigen Beschlüssen möglichst sinnvoll und nutzbringend gestalten kann. Wichtig ist mir auch, dass Themen wie etwa die Standortsuche und die Neugestaltung der Bücherei nicht unter den Teppich gekehrt wird.

Angenommen, es gibt eine Abstimmung: Von deiner Stimme hängt die Entscheidung des Gemeinderats ab. Nun ist deine persönliche Meinung eine andere als die deiner Fraktion. Wie würdest du dich entscheiden?

Ich würde so entscheiden, wie ich das für richtig halte. Allerdings sehe ich das bei meiner Fraktion nicht unbedingt als gegeben, weil wir meistens auf derselben Wellenlänge liegen. Wenn jetzt der Sepp Mittermeier oder ein anderer meiner geschätzten Gemeinderatskollegen berechtigte Einwände hätten, dann würde ich meine Meinung noch einmal überdenken. Letztlich würde ich aber so entscheiden, wie ich es persönlich für richtig halte.

Wie siehst du die Gemeinde in 10 Jahren?

Als vorbildliche Gemeinde in Sachen Energiewende, wo sich alle Bürgerinnen und Bürger wohlfühlen, wo man gerne seine Kinder großzieht und wo die Kinder auch durch die Schulbildung alle Möglichkeiten haben, die sie später einmal brauchen. Eine Gemeinde, wo jeder sein Leben selbst gestalten kann, ohne sich etwa durch offizielle Organe eingeschränkt zu fühlen.

Danke für das Interview.

Werbung